Mittwoch, 13. Juli 2016

Wanderungen:Der schwedische Weitwanderweg Upplandsleden

Upplandsleden-eine Wanderung durch die schwedische Provinz

Über viele Kilometer hinweg durchquert man einen Birkenwald über Holzplanken.




Typischer Ausblick...Wir machen Pause unterm Tarp..

Die erste Nacht im Wald: Vor dieser Schutzhütte bauten wir unser Zelt auf und nutzten die Wasserpumpe intensiv. Den ganzen Tag über hatte eine enorme Hitze geherrscht. Um die Wasserpumpe herum war der Boden voller Elchspuren.
Lunsentorpet-ein historisches Wohnhaus mitten im Wald-heute eine Übernachtungsmöglichkeit am Wanderweg

Ein Natursee, der am Ende eines sommerlichen Wandertages eine erfrischende Badegelegenheit bietet.

 Der Weg und seine Besonderheiten

Der Upplandsleden ist ein Weitwanderweg, der im östlichen Mittelschweden von Uppsala nach Älvkarleby im Norden führt. Nördlich von dem touristischen Örtchen Älvkarleby liegt die Hafen- und Industriestadt Gävle, die wir nach 10 Wandertagen als Endpunkt erreichten.  250 zusammenhängende Kilometer, die meisten davon in Naturreservat, lassen sich auf dem Upplandsleden wandern.
Diese Route bietet:
Eine riesige unberührteWaldfläche, unberührte Seen und Bäche, aus denen man trinken und in denen man schwimmen kann! Wenn man möglichst leise wandert und nicht parfümiert ist, kann man Waldtieren begegnen.
-Zugegeben, das war es auch schon, was einem an Landschaft begegnet: Es gibt keine sensationellen Aussichten und keine immensen Höhenunterschiede-es gibt Wald, Wald, Wald mal Misch-mal Birken- mal Nadelwald. Zwischen den Wäldern: Wasser, manchmal auch in Gestalt von Sumpf.
Das Alemannsrätten, das schwedische Recht, überall in der freien Natur übernachten zu dürfen,gewährleistet, dass man mehrere Tage und Nächte hintereinander auf dem Wanderweg verbringen kann, ohne Berührung mit der Zivilisation.
Hinzu kommt, dass es immer mal wieder Schutzhütten für Wanderer gibt, die neben Naturtoiletten auch Wasserbrunnen bieten und fast immer sagenhaft idyllisch gelegen sind!

Wir mussten das Innenzelt aufbauen, um halbwegs mückenfrei zu nächtigen.

Wanderweg bedeutet im Falle des Upplandsleden fast immer ein schmaler Pfad und nur sehr selten ein Forstweg oder eine Landstraße.
Als wir 2015 diesen Weg erwanderten, war der wenig begangene Pfad an vielen Stellen zugewuchert.
Man muss also zwingend Kompass und Karte lesen können. Ausserdem sollte man Gefallen daran finden, den Weg im Gehen erst entstehen zu lassen.


Übernachtung auf traumhaft weichem Waldboden.

Erreichbarkeit/ Verpflegung unterwegs

Uppsala ist von Deutschland aus sehr einfach zu erreichen. Man fliegt nach Stockholm und fährt bequem mit dem Nahverkehrszug nach Uppsala (1h).
Vom Endpunkt der Wanderung aus, von der Stadt Gävle weiter nordöstlich, kommt man ebenso bequem mit dem Zug nach Uppsala oder Stockholm zurück.
Auch, wenn man aus irgendwelchen Gründen vorzeitig aufhören will/muss, kann man sehr gut mt Linienbussen oder Bahnen nach Gävle oder Uppsala gelangen.
Sowohl in Uppsala, einer schicken Universitätsstadt mit historischem Stadtkern, als auch in Gävle, einer umtriebigen Industriestadt, gibt es Wanderheime, in denen man unkompliziert übernachten kann.
Das Wanderheim in Gävle bietet eine gut ausgestattete Selbstversorgerküche und ein bequemes Wohnzimmer.Während unseres Aufenthaltes (zwei Tage) wurde die Küche von allen Nutzern gewissenhaft gereinigt.
Das Wanderheim in Uppsala wartete auf mit erschreckend engen Zimmern. Man fühlte sich an das Innere eines U-Bootes erinnert.Hinzu kam, dass Türen und Wände allen Ernstes schwarz gestrichen waren. Dies steigerte nicht gerade das Wohlbefinden. In unserer schwarzgestrichenen, engen Kajüte gab es keine Fenster, also nur künstliches Licht und die Klimaanlage lief ständig mit lautem Gesumme. Für ein Mini-Doppelzimmer mit eigener Mini-Dusche und Mini-WC bezahlten wir umgerechnet 130 Euro. Nun ja, dafür liegt das Wanderheim direkt am Bahnhof.
Auf der Wanderung gibt es einige ehemalige Industrieorte, von denen aus Linienbusse oder Bahnen in die größeren Zentren fahren. Diese Örtchen kann man als Verpflegungsstationen einplanen, denn fast immer gibt es Bäckereien und Supermärkte. Oft gibt es Wanderheime, in denen man die Wäsche waschen kann. Ehemalige Industrieorte bedeutet, dass es sich heutzutage um historische Flecken handelt, in denen Minen oder Manufakturen aus früheren Jahrhunderten, als Museen präsentiert werden. Die Örtchen sind also auch Freiluftmuseen und deshalb ansehnlich und menschenfreundlich.
Hinweisschild zur Quelle am Weg


Bei einer Quelle finden sich immer Tische und Bänke, sodass wir unterwegs bequem kochen konnten.


Nach drei Nächten im Wald übernachteten wir im sehr komfortablen  Vandrahem von Gimo. Wir kochten uns eine leckere Mahlzeit, duschten und wuschen fast unsere gesamte Wäsche.

Wegführung/ Karten und Reiseführer

Wie schon beschrieben, ist der Weg wenig begangen, sodass man Kompass und Karte lesen können muss, falls Pfad und Markierung nicht sichtbar sind. Auch ein begleitender Wanderführer in Buchform war sehr hilfreich. Diesen konnten wir bei der Touristeninformation in Uppsala kaufen. " Vandra Upplandsleden" ist nur in schwedischer Sprache und nur in Schweden erhältlich!
Im Internet finden sich viele wichtige Informationen zu diesem Weg (nur auf schwedisch). Mögliche Etappengliederung und eine Übersichtskarte, die Wasserstellen und Übernachtungsmöglichkeiten enthält.
Ist man des Deutschen mächtig, profitiert man von der engen schriftsprachlichen Verwandschaft der beiden Sprachen. Das gesprochene Schwedisch ist eine völlig andere Baustelle!
Wir beschreiben hier den Weg als Ganzes, da die Etappengliederung individuell entschieden werden kann.
Die offizielle Gliederung des Wanderführers ist ein förslag/ Vorschlag. Die Teilstücke sind sehr kurz (15km) gehalten. Wir liefen morgens los und suchten uns abends irgendwann einen geeigneten Zeltplatz. Wir achteten nicht darauf, ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder eine Sehenswürdigkeit zu besuchen.


Der typische Blick über einen typisch schwedischen Natursee.
Schwedische Eigenart auf dem Wanderweg

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, wie sehr auf einem Fernwanderweg, der durch die Provinz eines Landes führt,die historisch geprägte Eigenart zutage tritt.
Wenn man einen Ort betritt (Lövstabruk), der eine ehemalige Fabrikanlage als Touristenattraktion darstellt, ist das bemerkenswert. Spezieller wird es, wenn die Fabrikanlage die Struktur eines Gefängnisses aufweist: die weitläufigen Fabrikgebäude und die kleinen ärmlichen Arbeiterhäuschen sind von einer hohen, dicken Mauer  umgeben, deren Tore von Wachtürmen gesäumt sind. Gegenüber den Fabrikgebäuden und den Arbeiterhäuschen präsentiert sich das stolze Schloss des Fabrikbesitzers mitsamt herrschaftlicher Parkanlage.Die Abschottung durch Mauer und Wachtürme sei nötig gewesen, um Industriespionage zu verhindern. Heutzutage durchschreitet man das Tor zwar ohne Kontrolle, doch der gesamte Ort hinterlässt das beklemmende Gefühl eingesperrt zu sein. Hier kann man die protestantische Arbeitsethik hautnah erleben.

Ein weiteres Beispiel für protestantische Verehrung der Arbeit als Wert an sich, könnte die gesellschaftliche Position des  Atomkraftwerkes Forsmark sein. Den größten Anteil an diesem Meiler besitzt Wattenfall, natürlich. Auf dem Upplandsleden kommt man in der Nähe des Dorfes Forsmark an der Ostsee vorbei. Hier befindet sich das gleichnamige Atomkraftwerk. 2006 hat sich dort ein Störfall ereignet, der laut einem ehemaligen Ingenieur, fast zur Kernschmelze geführt hätte.
Aber was soll diese Bedenkenträgerei, wenn Forsmark ein wichtiger Arbeitgeber in der Region ist?
In  Broschüren und Zeitschriften, die uns in Supermärkten und Wanderheimen in die Hände fielen, wurde das Kraftwerk Forsmark als ein beliebtes Urlaubsziel gepriesen! Erlebnisreiche Fahrten und Führungen für Groß und Klein konnte man buchen, danach konnte man im Besucherzentrum des Kraftwerkes gemütlich speisen.
Um das Kraftwerksgelände herum wurde ein regelrechter Erlebnispark mit Minigolf und PiPaPo angepriesen.-Na, wen das nicht überzeugt...

Sehr protestantisch geht es in allen Provinzörtchen zu-katholische Kirchen sucht man vergebens. So wirkte beispielsweise der Ort Knutby in seiner Architektur und gesamten Erscheinung sehr kühl, zweckmäßig und langweilig, eben protestantisch. Menschen nichtweißer Hautfarbe oder mit den Merkmalen eines anderen Glaubens konnten wir nicht entdecken. Knutby ist ein Versorgungspunkt auf dem Upplandsleden.
Ein Cafebesitzer, bei dem wir Rast machten, klärte uns über die besondere Schärfe des religiösen Eifers in Knutby auf.

Ort des rechtschaffenen Glaubens

In dem kleinen Weiler  haben es einige führende Mitglieder der protestantischen Gemeinde vor Jahren in die Schlagzeilen der internationalen Presse geschafft: Der gutaussehende autoritäre Pfarrer machte sich seine Gattinnen zu Sexsklavinnen und entledigte sich ihrer auf blutige Art und Weise. Eine Frau, die ihm dabei eine treue Gehilfin war, rechtfertigte dieses Vorgehen mit der besonderen Erleuchtung, die den Gemeindemitgliedern durch Gott zuteil wurde. So erklärte sie ihre Hilfe für den Pfarrer vor Gericht. Im Laufe des Prozesses wurden sehr viele Einwohner des Ortes verhört. Es stellte sich jedoch heraus, dass allesamt die Taten des Geistlichen als göttlich inspiriert, rechtfertigten.
Hier hat man es mit inniger pietistischer Frömmigkeit zu tun. Lebt bescheiden, seid fromm und fleißig. Sicher ist, dass diese sehr in sich geschlossenen pietistisch-frömmlerischen Gemeinden anfällig sind für Bigotterien aller Art.-Mit Gottes Segen alles kein Problem.


Auf solche Glockentürme trifft man in allen Orten- mal mehr, mal weniger filigran. Dieser hier stammt aus dem 18.Jh. So wurde die werktätige Bevölkerung auf die Tagesphasen aufmerksam gemacht.

Ich will nicht unterschlagen, dass es noch einen Hinweis auf die Dominanz des leibfeindlichen Protestantismus in Schweden gibt: Alkohol ist nicht so ohne Weiteres zu erwerben. Nur in den größeren Städten findet man Geschäfte, in denen man für viel Geld alkoholische Getränke kaufen kann. "Systembolaget" heißen diese Einrichtungen. Sie erinnerten mich an die Geschäfte in der DDR, in denen privilegierte Ostler oder auch Westler Waren einkaufen konnten, die es sonst nur im Westen gab. Reiche Schweden tun sich hier jedenfalls keinen Zwang an und räumen gleich den riesigen Einkaufswagen voller Wein- Schnaps- und Bierflaschen.
Die Armen, so konnten wir erfahren, stellen selbst Alkohol her (noch eine Reminiszenz an die DDR), oder
geben sich mit den Bierdosen aus den Supermärkten zufrieden (3,5%ig).

Gävle- unser Zielort

Die Stadt Gävle kann ihre protestantische Prägung nicht verbergen:
1. Die Geschäfte schließen sehr früh.
2. Systembolaget schließt noch früher.
3. Vor Ort ist das berühmteste Museum ..na, was wohl?- Das Gefängnis!
Das Gefängnis als Ort der Bestrafung und Züchtigung bzw. Erziehung der Menschen, die sich der Kapitalisierung und Industrialisierung entziehen, kann man hier sehr eindrucksvoll besichtigen.
Es saßen nicht nur Schwerverbrecher ein, sondern auch solche, die nicht arbeiten konnten. Zum Beispiel die alleinerziehende Mutter, die ihren Kindern Brot stahl. Andere waren zu gebrechlich, um zu arbeiten. Sie wurden wegen Wegelagerei hinter schwedischen Gardinen (!) eingesperrt.
 Hinter diesen Gardinen herrschte Frömmigkeit und Fleiß.

In Gävle begnet man vielen armen  Menschen, auch ungewöhnlich vielen Ausländern.
Es ist eine Arbeiterstadt die sich eines amerikanischen Arbeiterführers rühmt: Joe Hill (Joel Hilltrup). Seine Lebensgeschichte wurde während unseres Gävle- Aufenthaltes im Kunstmuseum dargestellt.
Er floh als junger Mann vor der Armut seiner Heimatstadt in die Vereinigten Staaten. Als Wanderarbeiter wurde er zum Gewerkschaftsaktivist, Arbeiterführer und Liedermacher. Eines Tages wurde er wie zufällig Opfer eines Justizskandals: Er wurde des Mordes angeklagt und trotz mangelnder Beweise hingerichtet. Ein Polizeichef, der ihn schon einmal widerrechtlich hatte inhaftieren lassen, gab den letzten Ausschlag für die Urteilsbegründung. Joe Hill hatte Mitglieder für die IWW (Industrial Workers of the World) geworben. Das passte der reichen Obrigkeit nicht in den Kram.

 




Dieses Gässchen in der Altstadt wurde nach dem Gewerkschaftsaktivist benannt.

Zum Abschluss: Eindrücke aus Uppsala




Stadtschloss auf dem Hügel, beschützt von Kanonen und umgeben vom Stadtpark.





In einer Kneipe im Studentenviertel. Beim Genuß eines Bieres schreiben wir Postkarten an unsere Lieben:

Noch bevor diese Postkarte in Deutschland eingetroffen war, waren wir schon wieder daheim!



5 Kommentare:

  1. Zuerst super Blogg.

    Zum Artikel: "Der schwedische Weitwanderweg Upplandsleden "

    Hätte ich folgende Frage:


    Das erste Bild in diesem Blogg (Holzsteg im Wald - "Über viele Kilometer hinweg durchquert man einen Birkenwald über Holzplanken."):

    Kann mir jemand sagen, wo dieses Bild auf dem "Upplandsleden" aufgenommen wurde bzw. in welchem Abschnitt des Wanderweges man gehen muss, um dort zu wandern. Ist das am Anfang oder eher in der Mitte.

    Vielen Dank!

    Andreas

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    1. Hallo Andreas,

      das Bild stammt von der Etappe Österbybruk - Risön (knapp 20 km). Der Weg geht von Osterbybruk nach Norden. Ungefähr nach 15 km biegt er im rechten Winkel nach Westen ab. Der Weg teilt sich in eine westliche und eine östliche Variante auf. Auf der östlichen Variante triffst Du auf diesen Bohlenweg. Er ist knapp 500 Meter lang und heißt Kungaspangen, benannt nach einem König ("kung") Carl XVI.

      Die Etappe liegt ungefähr genau in der Mitte des Upplansleden.
      Wenn Du einen Führer mit den Wanderkarten suchst, können wir Dir diesen empfehlen. ist zwar auf schwedisch, aber die Karten sind gut:

      Vandra Upplandsleden von Gunnika Isaksson-Lutteman und Emelie Runfeldt aus dem Calazo-Verlag (2015). ISBN 978-91-86773-86-7. Kann man auch in der Touristeninfo in Uppsala direkt am Bahnhof Uppsala kaufen.

      Willst Du den Weg im Sommer gehen?

      Viele Grüße

      Susanne und Matthias

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    2. Hallo Susanne & Matthias,

      vielen DAnk. Super.

      Ja. voraussichtlich im Sommer/Frühherbst Gibt es einen Startpunkt (googlemaps)

      Tschüss
      Andreas

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    3. Was müsste ich den für das Navi als ZIel-Adresse (zumindest ungefähr) eingeben für den Start?

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    4. Hallo Andreas,

      Startpunkt ist eigentlich ein Parkplatz am südlichen Startpunkt von Uppsala namens Flottsund. Man kann aber auch schon im Stadtzentrum starten. Man wandert am Fluss nach Süden stadtauswärts und kommt so direkt zu Flottsund (eine knappe Stunde wandern). Im Zentrum der Stadt ist die Uppsala Domkyrka (der Dom zu Uppsala) oder Uppsala Slott (das Schloß) der Startpunkt. Du musst dann nur noch ein paar Meter zum Flussufer runter.

      Grüße von Susanne und Matthias

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