Samstag, 9. April 2016

Gear Review: Sockenparade. Allerhand Fußkleider für jeden UL-Einsatzbereich.

Die Sportindustrie produziert eine für den Käufer nicht mehr zu überblickende Menge an Socken. 

Alle Farben sind vertreten, alle Materialien sind vertreten, oft als Mischgewebe. 
Manche Socken sind gepolstert. Manche Socken sind verstärkt.

Wer kann da den Überblick behalten`?

Keiner! Braucht man auch nicht!

Ist eigentlich ganz einfach.




Wie ich schon unter The Art of Hiking: Vom Bergstiefel bis Zum Barfußschuh. beschrieben habe, gehe ich so oft es geht barfuß oder mit minimalem Schuhwerk. Diese Schuhe schützen den Fuß nur vor spitzen Dingen auf dem Boden, sind nach oben aber offen bzw. nicht wasser- und winddicht. Die Füße sind daher dem Wetter ausgesetzt. In solchen Schuhen kann ich bis ca. 5 Grad ohne Socken wandern. Manchmal ist es aber schon erforderlich oder angenehmer, Socken zu tragen.

Im folgenden will ich Dich, liebe Leserin und lieber Leser, mal ganz kurz durch die Wunderwelt der Socken führen.


Merinowolle

Beginnen wir mit dem Klassiker für Wanderer, der Merinowollsocke. Nur Wanderer tragen so etwas, jeder Jogger trägt Nylon. Warum ist das so? Schwer zu sagen. Ich vermute, es liegt am geschickten Marketing z. B. der Fa. Smartwool. Die Argumentation läuft dann ungefähr wie folgt: 
Wolle ist doch etwas Natürliches. Wenn die Schafe damit Wärme und Kälte ertragen können, dann bietet das Material auch für den Menschen Vorteile. Und Schafe sind so süß! 
Dass Merinowolle auch seine Schattenseiten hat, könnt Ihr hier nachlesen.

Zwei Merinowollklassiker von Smartwool. Einmal in der Wanderstiefelgröße (79 Gramm/Paar) und einmal für Trailrunner mit kurzem Schnitt (71 Gramm/Paar).

Warum wird Merino also so gerne in der Outdoorindustrie verwendet (und gekauft)? Merinowolle hat den Vorteil, dass es nicht so schnell anfängt zu stinken, wenn es mehrere Tage mal nicht gewaschen wird und dass passiert auf einer größeren Wanderung eigentlich regelmäßig.

Die Sache hat nur einen Haken: Die Merinowolle darf nicht nass werden.

Und hier fallen die Merionsocken für den Wanderer in minimalsitischen Schuhwerk raus. Die Socken werden nämlich auf jeden Fall naß! Und wenn sie naß sind, wärmen sie auch nicht mehr, nein ganz im Gegenteil, nasse Merinosocken lassen einem die Füße zu Eisklötzen erstarren! Und bis die wieder trocken sind. Meine Güte, das dauert ewig. 

Übrigens: Bei sommerlichen Temperaturen sind selbst die leichtesten Merinosocken zu warm.

Und nasse Merinosocken stinken wie eine Herde Schafe! Schafe flüchten nicht mehr vor Dir, selbst wenn Du mitten durch die Herde wanderst! Und wehe, Du gehst mit diesen Socken mal Nahrungsmittel einkaufen. Alle denken, es gäbe heute Hammelfleich im Angebot. Ekelhaft.

Ich habe Merinosocken mehrere Wochen im sommerlichen Schweden ausprobiert und ich kann nur jedem davon abraten. Nasse Socken kannst Du nachts nicht im Zelt liegen lassen. Dir wird schlecht. Ich musste die nassen Merinosocken nachts in einen Baum in einiger Entfernung hängen, da Susanne mit Abbruch der Wanderung gedroht hat!

Ganz nebenbei sind Merinosocken einfach zu teuer. Man darf ja nicht vergessen, dass es sich um einen Verbrauchsartikel handelt.

Also Zehen weg von Merinowolle!


Billige Nylon Laufsocken

 Hier kommen wir in den Bereich, der für Wanderer mit minimalsitischen Schuhwerk geeignet ist. 

Diese Socken sind sehr günstig. Sie trocknen unfassbar schnell. Sie sind sehr leicht. UL-Wandererherz, was willst Du mehr?


Nylonsocken sind die erste Wahl für Wanderer (links 39 Gramm/Paar, rechts 37 Gramm/Paar).

 Hier gilt: je einfacher die Fußkleider desto besser. Zusätzliche Dämpfung auf der Sohle verhindert ein schnelles austrocknen, macht die Socken schwerer und teurer.

Fangen die Socken wirklich mal an zu müffeln, kann man sie einfach mit Wasser auswaschen und alles ist wieder gut.

Zehensocken

 Sie gehören eigentlich in den Bereich Laufsocken, sind aber nicht unbedingt billig. Sie haben alle Vorteile der Nylonlaufsocken, sind aber wesentlich leichter. Kräftige Zehennägel mögen sie gar nicht. Regelmäßig entstehen Löcher. Eine normale Socke hält den Fuß wärmer als die Zehensocken, da sich die Zehen gegenseitig wärmen können. Kann man vergleichen mit Fingerhandschuhen und Fäustlingen.


Zehensocken gibt es in verschieden langen Ausführungen. Sie wiegen zwischen 23 und 32 Gramm

Wasserdichte und atmungsaktive Socken mit Membran

Diese Socken machen auf jeden Fall Sinn im UL-Schuhschrank. Man kann diese Socken einfach so ohne Schuh als Campschuh (spart das Gewicht eines echten Campschuhs!) verwenden oder man zieht sie anstelle der Nylonsocken oder auch über die Nylonsocken im Schuh an, wenn es sehr kalt und windig ist. Oder bei Pausen, wo die Füße sehr schnell auskühlen können.

Hier zwei Varianten von Sealskinz: links bis über die Wade in stabiler Machart (134 Gramm) und rechts die völlig ausreichende kurze Socke mit 54 Gramm

Eines muss aber klar sein. Solche Socken sind nur bis zur ersten Wäsche wasserdicht. Danach wird die Membrane löchrig. Verwenden kann man sie trotzdem noch, da sie immer noch etwas Wärme spenden und den Wind abhalten. Von der Atmungsaktivität darf man nicht allzuviel erwarten, da man mit der Fußsohle direkt auf der Membrane steht und sie daher nicht allzu viel "atmen" kann. 
Ich verwende sie nun schon bestimmt über ein Jahr und sie zeigen noch keine Abnutzungsspuren. Man trägt sie ja auch nur selten.

Wem das zu teuer ist, der kann auch zu Folgendem greifen:

Neopren

Die günstigere und wahrscheinlich auch Umwelt schonendere Wahl ist die Neoprensocke. Sie ist wasserdicht, wärmt und ist null atmungsaktiv. Der Fuß wird mit der eigenen Körperwärme kuschelig warm gehalten. Ab und an muss man allerdings das Schwitzwasser ausgiessen.


Neoprensocken gibt es überall im Sportfachhandel und wiegen hier 86 Gramm.

Polartec Windbloc Socken

Diese Socken sind sehr gut für die kalte Jahreszeit geeignet. Innen kuschelig warmes Polarfleece, das super schnell trocknet, aussen winddicht verarbeitet. Wasserdicht sind sie nicht, aber sie "atmen" dafür besser als die beiden oben beschriebenen Modelle.


Dieses Modell ist von der polnischen Firma Kwark. Sie reichen bis über die Hälfte der Waden und sind sehr warm. Ungewohnt ist der glänzige Oberstoff. Das Paar wiegt 104 Gramm.

Wer auf den Windschutz verzichten möchte, kann folgendes Modell nehmen:


Polartec Powerstrech Socken


Im Prinzip das Gleiche wie oben, nur ohne den Windschutz. Daher kann man diese Socke auch gut als Schlafsocke im Schlafsack verwenden.


Wiegen nur 47 Gramm und sind sehr unkompliziert. Kann man bei Bedarf auch als Handschuh verwenden.

Hüttensocken/ Schuhe

Darin kann man nicht wandern. Sie sind gemacht, um sich in Hütten, auf trockenen glatten Böden oder im Schlafsack zu bewegen. Sie isolieren kaum gegen Kälte vom Boden, sind aber winddicht. Gefüllt sind sie mit einer Kunstfaserfüllung. Solche Socken machen sofort warme Füße. Man kann sie auch bei Pausen einfach über die Füße ziehen. Sie trocken extrem schnell.


Die Rab Hot Socks sind der reine Luxus auf einer UL-Tour. Sie wiegen immerhin 141 Gramm. Im Fersenbereich und am Bund bestehen Sie aus Fleece.

Und jetzt zu UL-Geheimwaffe: der Gefrierbeutel

Ein paar Gefrierbeutel ohne Zip-Verschluss gehört in jede UL-Ausstattung!

Man trägt sie bei kaltem und nassem Wetter beim Wandern und während der Pausen. Sie sind Wind- und wasserdicht, aber nicht atmungsaktiv. Sie sind extrem billig und zäh.

So geht's:


Man nehme einen herkömmlichen Gefrierbeutel. Das Paar wiegt 16 Gramm!!!



Man platziere seinen Fuß im Beutel. Die Socken bleiben an. Für Schuhgröße 42 benötigt man einen 3 Liter Gefrierbeutel.




Dann stellt man den Fuß in den Schuh. Fertig!. Die an der Wade wegstehende Folie kann man unter die Regenhose stecken, damit es nicht reinregnet.

Liebe Leserin, lieber Leser, das ist kein Witz! Dies ist nur die günstigste und leichteste Möglichkeit, warme Füße zu behalten. Auch Susanne war schon ein paar Mal froh, den Gefrierbeutel verwenden zu können. Ihre Wanderschuhe waren vom Regen durchnässt und das Wasser sammelte sich im Innenraum. Sie fror bitterlich, bis sie den Gefrierbeutel verwendete.
Ist schon merkwürdig, dass ein Gefrier-Beutel warm macht, oder?

Schön ist das nicht, aber unglaublich praktisch! 

Last but not least der Sonderpreis für originelle Socken:

 Die heilige Socke!

Man kann Chuffs im religiösen Fachhandel oder bei Ebay erwerben. Der Link führt direkt zum Artikel dort. So sehen sie aus:

Arabische Chuff. Aussen Leder, innen ein fleeceähnliches Futter und Reißverschluss an der Seite. Das Paar wiegt in Gr. 44 160 Gramm.

 Diese Socken nicht nicht wirklich UL, aber sehr bequem und sie haben im UL - Schuhschrank eine echte Berechtigung. Sie sind das natürliche Pendant zu den oben bereits vorgestellten Kwark Windbloc Socken.


Chuff im BeNat Classic bei kaltem Wetter eine perfekte Lösung.

 Sie sind warm und winddicht. Sie können über den nacksten Fuß oder über den Fuß in einer Joggingsocke gezogen werden. Man kann sie in den minimalistischen Wanderschuhen tragen, als Campschuh oder sogar als "Stand Alone Schuh", mit dem man wandern kann. Habe ich alles schon ausprobiert, klappt wunderbar. Die Haltbarkeit ist bei der Verwendung als "Stand Alone Schuh" nicht allzu üppig, da das Leder sehr weich ist. Ein Paar Chuff kostet knapp 13 Euro. Die Kwark Windbloc Socken trocknen allerdings schneller als die Chuff.


Und nun, liebe Leserin und lieber Leser, wünsche ich viel Spaß beim Ausprobieren. 

Auf dass Eure Füße immer angemessen gekleidet seien!


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