Dienstag, 8. März 2016

Wanderungen: Der Kerry Way. Ein irisches Wandererlebnis.

Wandern im Südwesten der Republik Irland: Der Kerry Way

Im Killarney Nationlpark exisitert der größte natürliche Waldbestand auf irischem Boden sowie die einzige natürliche Rotwild-Population, ausserdem die Killarney-Seen. Hier finden Wanderer den höchsten Gebirgszug der Republik Irland, eine herrliche Atlantikküste mit phänomenalen Ausblicken und den Kerry-Way, auf dem man das alles über 200 Kilometern erwandern kann.
Im Jahre 2010 haben wir diesen Rundweg (Start und Ende in Killarney) einmal ausprobiert.

Am Killarneysee mit Ausblick auf den Höhenzug der Macgillycuddy`s Reeks



Tag1: Killarney- Black Valley (ca.25 km)

Im County Kerry, dem Südwesten der Republik Irland, finden Naturliebhaber eine wunderbare Landschaft vor.
Bereits am ersten Tag tritt man ein in deren Zauber: Der historische Park von Muckross House entspricht den romatischen Waldvorstellungen, wie man sie von Gemälden des 18 Jh. her kennt. Das herrschaftliche Gebäude Muckross House selbst, gemahnt an die Zeit, in der in diesem Park nur der Hausherr mit seiner Jagdflinte unterwegs war.
Jahrhundertealte, knorrige Baumriesen begegnen dem Menschen als magische Wesen, unter deren gewaltigem Geäst eine ureigene Aura waltet.
Eine samtenweiche Landschaft aus Moosen und Weide öffnet sich den Wanderern allmählich in Richtung Killarny Seen.
Wer Glück hat- und das hatten wir- kann an diesen Seen Weißkopfseeadler beobachten. Eine sehr selten gewordene Spezies.
Um den Killarny-See herum, geht es eine Weile auf Asphalt weiter. Ausserdem teilt man sich die Straße mit motorisiertem Verkehr. Das ist ein lästiger Umstand, der einem häufiger begegnet, auf den 200 Kilometern des Kerry-Way.
Schließlich geht es -endlich auf reinem Wanderweg- bergauf zu den Torc-Waterfalls, die ein beindruckendes Naturschauspiel sind.


Torc-Waterfalls

Aber es geht immer weiter bergauf, sodass man durchaus ins Schwitzen kommen kann. 
Oben angekommen, hat sich die Vegetation etwas verändert: Anstelle der mächtigen Laubbäume trifft man  auf skurril geformte Zwerg-Kiefern in einer morastig-kargen Landschaft.

 


Die Wegbeschaffenheit wird von jetzt an zu einer echten Herausforderung: Die größten Schlammlöcher kann man mithilfe von Holzplanken überqueren. Diese glitschigen Bretter sind allerdings nicht immer eine Hilfe.
Unbefleckt wird diese Passage niemand hinter sich bringen: Genau das ist es, was Spaß macht! Bei längeren Regenphasen sollte man diesen Abschnitt umgehen (via Talroute). Wir fanden einen absolut verschlammten, teilweise unterspülten Untergrund vor, obwohl es seit mehreren Tagen nicht mehr geregnet hatte.
Nach einigen Kilometern geht es bergab in das Black Valley. Hier hatten wir nach 25 km unsere erste Tagesetappe hinter uns gebracht. Ein abwechslungsreicher Wandertag!



Tag 2: Black Valley - Glencar (25 km)



Überreste eines Steinkreises in der typischen Landschaft





Dieser Tag wird dominiert von morastiger Felsenlandschaft, die einem lustig auf und ab führt- und zwar so richtig zackig! Stets hat man sattes Grün mit ebenso satt wirkenden Schafen vor Augen.
Gelegentlich ist man so angestrengt, dass man diese gar nicht mehr wahrnimmt und erschrickt, wenn plötzlich ein irritiertes Schaf unter einem Busch hervorbricht, um einem über die Füße zu stolpern.

Wegweiser auf hölzernen Pfosten fügen sich unauffällig in die Landschaft ein. Dennoch wirkt ein Hinweisschild sehr überraschend: Das Schild mit der Aufschrift: Monster Cookies Cafe.
In dieser von Menschen verlassenen Gegend erwartet man allenfalls einen Unterstand für Wolle auf vier Pfoten.
In einem alten typisch irischen, unverputzten Steinhaus stiessen wir tatsächlich auf das angekündigte Monster Cookies Cafe. Und noch eine freudige Überraschung: Es war geöffnet! Eine Pause kam uns sehr gelegen. Die Besitzer, ein freundliches Ehepaar, freuten sich über Gäste, bewirteten uns mit Speis und Trank, und erzählten gerne, wie es zu diesem Cafe kam. Sie haben sich entschieden, dieses Cafe zu betreiben, um zu zeigen, dass Irland trotz der Kolonialzeit, wieder zu sich selbst gefunden habe. Das Haus sei ein verlassenes Farmerhaus, aus dessen Dach ein Baum wächst. Diesen Baum haben sie bei der Renovierung stehen lassen und kurzerhand in das Gemäuer integriert. Er soll den Überlebenswillen der Iren symbolisieren. Ausserdem spielte die Gastgeberin Melodien auf der irischen Flöte.
Auf dieser Wanderung entdeckten wir viele verlassene und überwucherte Gehöfte, die während der großen Hungersnot im 18.Jh. zurückgelassen wurden.




Das großartige Cafe mit den Monster-Keksen

Nach dem Monster Cookies Cafe geht es auf felsigen Pfädchen steil bergab. Trittfestigkeit und Kondition sind gefragt. Auch das Navigieren mit Karte und Kompass sollte man beherrschen, da man die Wegweiser  bei Nebel leicht übersehen kann. Markante Wegwarten zur Orientierung gibt es selten, da sich die Landschaft als felsig-hügeliger Moorgras-Teppich bis ins Unendliche zu strecken scheint. Das Wetter kann sich sehr schnell und jederzeit ändern, sodass man sich auf alles vorbereiten muss.

Nach ca. 25 km kommen wir richtig glücklich gewandert in Glencar an.
Von hier aus unternehmen wir tags darauf eine Besteigung des höchsten Berges von Irland: den Carrantuohill.

Typischer Anblick unterwegs: Ein bizarr überwuchertes Farmerhaus.


3.Tag: Besteigung des Carrantuohill (1.041m)


Auf dem Weg nach oben wird die Sicht immer schlechter...










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Und wieder ins Tal.

Begleitet von einem Bergführer besteigen wir den höchsten Berg Irlands, der zu dem Gebirgszug namens Macgillycuddy`s Reeks gehört. Hier findet der höhenbegeisterte Wanderer also noch mehr Bergiges. Wir erklimmen den Carrantuo über zwei geröllige Bergzüge von Westen.
Das war ein knackiger, langer Anstieg über Geröll, Geröll, Geröll und zur Abwechslung: Großes Geröll. Hin und wieder konnte man auch mal die Arme zum Einsatz bringen.
Desto näher wir der Spitze kamen, desto schlechter wurde die Sicht. Auch der ortskundige, erfahrene Wanderführer musste häufig auf Karte und Kompass schauen.
Oben angekommen, war ich etwas enttäuscht. Denn was waberte uns vom Gipfelkreuz aus entgegen?
Zigarettenqualm waberte uns verschwitzten, schnaufenden Wanderern entgegen! Wir hatten also weder freie Sicht, noch reine Luft, dort oben. Der Raucher muss sich schliesslich am Gipfelkreuz mit einer  Kippe belohnen. Da gibt es kein rechts oder links mehr...

Nach alles in allem 7 Stunden kamen wir wieder an unserem Ausgangspunkt an. Wieder waren wir glücklich von diesem Wandertag!

Tag 4 Glencar- Cahernaman (12 km)

Nach drei knackigen Wandertagen haben wir uns eine entspanntere Tour mit nur 12 km gewählt.
Sie hat sich als eine der am wenigsten Schönen herausgestellt. Den größten Teil liefen wir auf asphaltierten Wegen oder entlang befahrener Landstraßen. Wandertechnisch war dies sehr unbefriedigend.
Man hat schöne Aussichten auf die oben genannten Reeks. An einigen Passagen kommt durch Wäldchen.

Tag 5 Cahernaman-Cahersiveen (20km)

Dieser Tag führt wieder über richtige Wanderwege und Pfade, bergauf und ab.
Besonderes Highlight sind die Ausblicke auf das Meer!
Erwähnenswert sind auch die Hügelgräber, die auf sich auf den Hügeln entlang der Route befinden.
Sie zu ersteigen und zu besichtigen, ist immer ein kleines Abenteuer.
Auf dem Weg nach Cahersiveen läuft man an Forstplantagen aus Douglasien vorbei. Größtenteils wird auf relativ breiten Wegen gewandert.
Der Ort Cahersiveen ist sehenswert und es gibt dort ein sehr gutes Fischrestaurant!


Tag 6 Cahersiveen- Waterville (30km)-ein Tag im Sumpf






Verliefen die Tage zuvor auf gewöhnlichen Wegen, konnten wir uns diese 30  Kilometer weitestgehend auf sumpfigem Untergrund erarbeiten!
Der größte Teil der Route verläuft über einen sumpfigen Höhenzug. Durch die exponierte Lage ist es nicht nur windig, sondern auch kalt. Es gibt keine Bäume oder sonstige Möglichkeiten zum Unterstellen, folglich haben wir fast keine Pausen eingelegt.
Da der Fuß bei jedem Schritt versinkt, und man ihn dann mit einem heftigen Schmatzgeräusch wieder aus der Erde ziehen muss, neigt man dazu, diese Wanderung in einem durchzuziehen.
Regelmäßige Abwechslung in der Bewegung, waren die Zaunübertritte, die immer wieder überquert werden mussten. Was für ein Gefühl am Ende endlich festen Boden unter den Füßen zu haben!
Während dieser Tour hatten wir keinen strahlenden Sonnenschein, gelegentlich regnete es und der Himmel war grau- aber die Aussicht auf das Meer ist einfach unschlagbar herrlich.

In Waterville angekommen, mussten wir uns erst einmal entschlammen und trockenlegen.

Die ewigen Begleiter!


Tag 7: Besuch auf Skellig-Michael

Bizarre, zerklüftete Felseninseln, die Skellig Islands, liegen vor der Westirischen Küste, im wilden Atlantik. Es ist kaum zu glauben, dass auf einer dieser Inseln vom 6.-13.Jh. Einsiedlermönche lebten.
Was für ein asketisches, abgeschiedenes Leben auf dieser sturmgepeitschten, isolierten Insel.
So einfach wie heute, konnten die Zeitgenosssen im sechsten Jahrhundert sicher nicht mal eben auf die Insel übersetzen.



 



Wir konnten das ganz entspannt von Portmagee aus, mit einer regelmäßig in See stechenden Fähre.
Auf der Mönchsinsel angekommen, muss man erst mal sportliche 600 Treppenstufen besteigen, die die frommen Menschen von damals in den Fels hauen ließen.
Erst auf gewaltiger Höhe über dem Meer, kann man die bienenkorbartigen Steinbehausungen der Mönche bewundern. Sie trotzen noch heute den Gezeiten. Es ist ein überwältigendes und beeindruckendes Gefühl, auf dieser Insel zu stehen.


Bienenkorbartige Mönchsbehausung.
















Gewaltige Vogelheimat!
Die Skellig-Islands, die Skellig Michael umlagern, sind heute noch bevölkert von gefiederten Lebewesen, den Schwarzschnabel-Sturmtauchern und den Papageientauchern. Diese Vögel sind im Gegensatz zu den Menschen auf das Leben in diesen extremen Bedingungen spezialisiert.
Vom Gipfel der Skellig Michael aus, kann man ihre kühnen Sturzflüge entlang der Klippen beobachten, bis sie Schnabel voraus in den Atlantik eintauchen.

Diesen Besuch werde ich nie vergessen!


Tag 7: Waterville- Caherdaniel (12 km)

Dieser Tag war ein Asphalt-Tag. Oft führt die Route auf einem asphaltiertem Fußweg parallel zu der berühmten Touristenstrasse, auf der sich im Sommer die Busse wie ein endloser Tatzelwurm entlangschieben. Teilweise gibt es aber einen schmalen Pfad, der an einem herrlichen Küstenabschnitt  entlangführt, wieder etwas entfernt von der Touristenplage.
Das Wandern direkt an der Küste, manchmal Steilküste, ist auf jeden Fall phänomenal!
Diese Aussicht ist umwerfend.
(Grundsätzlich kann man auch eine Inlandsroute wählen.)

In Caherdaniel gibt es einen schönen Sandstrand. Das Atlantikwasser haben die Einheimischen auch bei großer Hitze nur im Neoprenanzug besucht.







 

Tag 8:  Caherdaniel- Kenmare (35 km)

Das war die längste Etappe der gesamten Tour.
Sie ist auch entsprechend vielfältig in ihren Wanderansprüchen:
Zunächst hatten wir einen herrlichen Abschnitt, der durch bewaldetes Küstengebiet führte. Oft liefen wir auf einem weichen Waldpfad direkt entlang des Meeres.
Irgendwann führte der Weg durch Ortschaften und damit auch an Straßen entlang.
Der Asphalt war diesmal ziemlich lange unser Begleiter.
Man konnte auf diese Art beobachten, wie sich reiche Leute schick in den Küstenorten einkauften und ihren Reichtum in trutzburgenartigen Villen zur Schau stellen. Klar, dass es auch Golfplätze gibt. Klar, dass vor den Villen jede Menge protziger Automobile herumstehen.
Nicht ganz so klar war mir, dass fast vor jedem Haus die US-Flagge weht.

Aber, dieses Elend hat einmal ein Ende:
Es endete, als der Kerry-Way nach etlichen Kilometern wieder in das geliebte felsige Weidengebiet einbog. Ab jetzt hatten wir etwa alle hundert Meter einen Zaunübertritt.- Wir haben sie bis heute nicht vergessen, die stiles. Unterwegs mussten wir über Felsen laufen, um ein Meer von Gestrüpp zu umgehen. Eine Kuh hatte das Gleiche im Sinn und blieb einfach auf einem Felsen stehen, sie wollte nicht noch bis nach Kenmare kommen. Das Huftier versperrte uns den Weg. Nachdem wir eine zeitlang auf sie eingeredet hatten, wählten wir die stacheligste aller Möglichkeiten: Wir sprangen in das meterhohe, stachelige Gestrüpp und kämpften uns bis zum nächsten freien Felsen vor.
Noch lange danach konnten wir die Kuh auf dem Felsen stehen sehen. Und wenn sie nicht gestorben ist,...
Bald darauf ging es sanft bergab und man konnte das wunderschöne Städtchen Kenmare am Horizont erkennen.
Am Abend inspizierten wir irische Pups mit urigem Ambiente und ebensolcher Musik in einer Stadt mit mediterranem Flair!

Tag 9: Kenmare-Killarney

Der letzte Tag führte uns über Pferdeweiden, auf sandigen Pfaden auf und ab, bis zum Killarney-See
zurück. In unserem B&B in Kenmare hatte man uns gesagt, dass es stündlich eine Fähre gebe, die nach Killarney-Stadt ablege.
Wir verließen uns auf diese Auskunft und erwanderten den Weg ganz entspannt und genießerisch.
Am Ufer des Killarney angekommen sahen wir ein kleines Motorboot, das gerade eben am Ablegen war, besetzt mit einer 10köpfigen Touristengruppe. Der Steuermann, ein vierschrötiger echter irischer Seebär, hatte uns entdeckt, winkte uns zu und lenkte das Boot zu uns heran. Er erklärte, dass er das letzte Boot nach Killarney sei und wir schnell reinhüpfen sollten.
Wir hüpften-und es wurde eine der schönsten Bootsfahrten, die ich je erlebt habe. Vom Boot aus konnte man die Landschaften des Nationalparks bewundern, durch die wir gerade gewandert waren. Wir konnten Vögel beobachten, wie wir sie aus Deutschland nicht kennen.
Außerdem stellte sich heraus, dass der Kapitän des Bootes ein echtes Original war.
Nachdem die Reisegruppe das Boot verlassen hatte, kamen wir in das letzte Stück des Killarneysees, das sehr breit und offen  ist. Als Wind aufkam, fing das Boot heftig an zu schaukeln.  Da freuten wir uns sehr über die Schwimmwesten, die wir hatten anlegen müssen.



Der Seebär gab Matthias ein Ruder in die Hand. Mit den Worten "You`re my man.", wies er ihn in die Rudertechnik ein, um bei diesem starken Seegang einigermaßen Kurs halten zu können. Der Kapitän erzählte sehr viel Lustiges, sodass diese Überfahrt unvergesslich bleibt.
Wir waren sehr traurig, als wir in Killarney anlegten und verabschiedeten uns sehr herzlich von dem bärigen alten Bootsmann mit dem urigen Lachen.

Diese Wanderung war auf eine irische Weise zauberhaft und wird uns immer in Erinnerung bleiben!

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